Der rosa Brille Macht

 

Ein altbekanntes Phänomen,

aus welchem Irrtümer entsteh'n,

ereignet sich oft hier auf Erden

und soll, wie folgt, erläutert werden.

 

Ein Kerl, ein Weib, ein Blick, ein Lächeln,

sogleich beginn' die Knie zu schwächeln.

Das Herz schlägt schnell, höchste Frequenz,

ein Blutdruck steigender Tendenz.

 

Mit roten Wangen steh'n sie da:

der Mann, die Frau – schon fast ein Paar.

Auf einen Schlag sind sie verliebt.

Wie seltsam sich die Zeit verschiebt.

 

Die graue Stadt wirkt bunt und heiter.

Die Wolken ziehen rascher weiter.

Recht bald hegt man da den Verdacht:

Das ist der rosa Brille Macht!

 

Doch wenn das Rosa blasser wird,

die Farbe ihren Glanz verliert,

dann kommen gleich mit einem Schwung

Desillusion, Ernüchterung.

 

Nach ein paar Tagen merkt der Mann,

dass diese Frau nicht kochen kann.

Und niemals hält sie ihren Mund.

Sie meckert täglich, Stund' um Stund'.

 

Indes hat sie unlängst entdeckt,

was er in seinem Schrank versteckt.

Sofort entflieht sie seinem Haus;

sie hält's nicht mit 'nem Messie aus.

 

Wie konnten sie sich nur so irren?

Die rosa Brille kann verwirren.

Leider vergisst man oft geschwind,

dass Menschen nicht vollkommen sind.

 

Die beiden sollten auch bedenken,

wie glücklich sie sich Freude schenken

– auch wenn die Frau Ordnung vermisst.

Die Liebe sagt: "Es ist, wie's ist"!

 

Nehmt euch in Acht, Verstandesschwache!

Die Brille ist 'ne tricky Sache.

Aber nur Mut, denn mit der Zeit

gewöhnt man sich auch an das Leid.

 

 

                                               Judith Leja 

                                                  Februar 2013