Im Café

 

An einem Abend im Café,

als draußen schmolz der letzte Schnee,

saß eine Frau allein am Tische,

genoss die angenehme Frische.

 

Am Tisch daneben saß ein Mann,

von dem man fraglos sagen kann,

er sei ein ziemlich guter Fang,

betreffs gesellschaftlichem Rang.

 

Er war zwar nicht der Bürgermeister,

doch geradezu ein Vielgereister.

Er war schon hier und da und dort

an jedem noch so kleinen Ort.

 

Sie war bescheiden, sanft und nett,

durchaus verführerisch/ kokett.

Sie war gebildet, klug und schick,

doch er entzog sich ihrem Blick.

 

Er mied sie nur mit Widerwillen,

denn dachte er sich doch im Stillen,

er sei nicht so der Überflieger

und spiele nicht in ihrer Liga.

 

Sie dachte sich: „Bin ich’s nicht wert,

dass mich ein toller Mann begehrt?“

Betrübt verließ sie das Café

und stapfte heim im letzten Schnee.

 

 

                                                   Judith Leja

                                                      Juni 2014